Freitag, 31. August 2007

Es muss nicht immer SPSS sein

Obwohl ich selbst während meiner Studienzeit viele Jahre lang mit SPSS gearbeitet habe und die enormen Möglichkeiten dieses Softwarepakets durchaus zu schätzen weiss, existieren meines Erachtens nach für die meisten Aufgaben im Bereich der statistischen Datenanalyse deutlich preisgünstigere Alternativen, mit denen sich die Berechnungen ebenso gut durchführen lassen. Für meine freiberuflichen Consulting-Tätigkeiten habe ich beispielsweise eine kommerzielle Lizenz des Softwarepakets NSDstat Pro erworben, welches vom Norwegischen Statistikamt entwickelt wurde und derzeit in Deutschland durch die bekannte GESIS - die Gesellschaft sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen – mit ihrem Zentrum für Analysen und Methoden (ZUMA) vertrieben wird. Die Software ist für den kommerziellen Einsatz für gerade einmal 150 EUR zu bekommen, Hochschulen und andere wissenschaftliche Einrichtungen zahlen 120 EUR, Studenten sogar nur 40 EUR für eine voll funktionsfähige Version.

NSDStat beherrscht alle statistischen Grundfunktionen aus der deskriptiven und explorativen Datenanalyse (also beispielsweise die Berechnung von Lage-, Streu- und Verteilungsmaßen, Kreuztabellen, Balken- und Kreisdiagramme), die wesentlichen statistischen Testverfahren (unter anderem Chi²-Test, t-Test und Scheffé-Test) sowie die wichtigsten Korrelationskoeffizienten (Bravais-Pearson, Spearman, Kendall). Highlight ist die Durchführbarkeit einer multivariaten Regressionsanalyse inklusive aller zugehörigen Testverfahren und grafischen Darstellungen – kein Unterschied zu SPSS.

Natürlich kann NSDstat nicht alles, so lassen sich beispielsweise keine Cluster- und Korrespondenzanalysen durchführen – die braucht man in der Praxis aber auch deutlich seltener und in der Basisversion von SPSS sind solche Verfahren ebenfalls nicht enthalten, hierfür müssen teure Zusatzmodule nachgekauft werden. Für 150 EUR erhält man also eine Software, die 80% des Leistungsspektrums der SPSS Base-Version abdeckt und mit der man zudem noch hevorragend Regressionsanalysen durchführen kann. Klar, als alteingesessener SPSS-Nutzer muss man sich an die Optik und die Benutzerführung erst einmal gewöhnen, aber wenn man dann einmal den Bogen raus hat, gehen die Analysen flott von der Hand.

Ein besonderes Highlight der Software ist die Möglichkeit, Datensätze anhand von mitgelieferten Karten auch geographisch auszuwerten, sich also beispielsweise die Verteilung einer bundesweit gezogenen Stichprobe auf einer Deutschlandkarte anzeigen zu lassen. Durch diese Option, die mir aus anderen Datenanalyse-Programmen noch nicht bekannt war, lassen sich schnell übersichtliche und aussagefähige Kartensätze erstellen. Die untenstehende Grafik zeigt wie eine solche Verteilung (hier: Mittelwerte einer näherungsweise metrisch verteilten Likert-Skala zum Thema „Wichtigkeit von Familien“ geographisch abgetragen) dann aussehen kann.





Fazit: Es muss nicht immer SPSS sein – auch wenn die Software natürlich nach wie vor das Non Plus Ultra der statistischen Analysesoftware darstellt. Neben dem hier beschriebenen NSDstat sind übrigens auch vollkommen kostenlose Alternativen einen zweiten Blick wert, beispielsweise CSPro, welches vom US Census Bureau entwickelt wird, oder aber WinIDAMS, herausgegeben durch die UNESCO. Zu guter Letzte ist die von der Freien Universität Berlin entwickelte Software mit dem schönen Namen "Statistiklabor" ist auf jeden Fall ebenfalls einen zweiten Blick wert, auch wenn die Bedienung des Programms sehr ungewöhnlich ist und den meisten vermutlich zunächst Schwierigkeiten bereiten dürfte (mir ging es jedenfalls so).

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